zu Herrmann Löns

 


Höret

Es gibt nichts Totes auf der Welt,
hat alles sein´ Verstand,
es lebt das öde Felsenriff,
es lebt der dürre Strand.

Laß deine Augen offen sein,
geschlossen deinen Mund
und wandle still, so werden dir
geheime Dinge kund.

Dann weißt du, was der Rabe ruft
und was die Eule singt,
aus jedes Wesens Stimme dir
ein lieber Gruß erklingt.

 

Hermann Löns

 


Am 29. August 1866 ist er in Kulm an der Weichsel geboren worden. Seine Eltern stammten aus Westfalen. Der Vater, ein Gymnasiallehrer, wechselte bald von Kulm nach Deutsch Krone in Westpreußen. Dort verlebte der junge Löns seine Kinder- und Jugendjahre.
„Mit fünf Jahren lockte mich eine tote Maus mehr, als ein Stück Kuchen.“ Sagt das nicht viel über die Naturzugewandtheit des Kindes?
Seine Liebe zur Natur wurde immer größer. Meist allein, durchstreifte er die Heiden, Wälder und Moore und begeisterte sich an allem „was da kreucht und fleucht“. „Ein unbekannter Fisch, ein seltener Vogel, eine regelwidrig gefärbte Eichkatze waren mir von größerem Werte, denn ein gutes Gehörn oder ein ganzer Galgen voller Hühner. Der Begriff des sportlichen „Rekordes“ ging mir nie ein. Ich schoß auf meinen ersten Hirsch wie nach der Scheibe, aber als ich in den Sagemühler Fichten die Schwarzdrossel als Brutvogel fand, flog mir das Herz. Schon damals war ich der Heide angeschworen. Ich konnte vor Freude über die Pracht des maigrünen Buchenwaldes nasse Augen bekommen, aber die Heiden, Kiefernwälder, Moore und Brücher lockten mich doch mehr. Ähnlich ging es mir mit den Menschen; auch bei ihnen lockte mich das Ursprüngliche!“
„Ich war ein Freund der Hütejungen, Fischerknechte, Waldarbeiter; meine sehr zivilisierten Mitschüler, die mit achtzehn (! d. V.) Jahren Zigaretten rauchten und Fensterpromenaden machten, langweilten mich. Vom Lernen und der Bücherarbeit hielt er nicht viel. Er ging lieber – wie ich auch in jener Zeit – ströpen. In dieser Zeit schuf er, gerade mal 16-jährig, eine vielbeachtete Arbeit über die Vogelwelt des Kreises Deutsch Krone. Das war seine Heimat, wenn er später auch meinte, daß er sich hier nie so recht zu Hause gefühlt habe.
Später mit den Eltern nach Paderborn gezogen, machte er sein Abitur und studierte Medizin und Naturwissenschaften.
Er lernte die Literatur kennen, aber:“ Der ganze hochgepriesene naturalistische Quark wie bei Zola war mir in der Seele zuwider; mein Herz war bei Anette v. Droste-Hülshoff und nachher bei Liliencron“. Die Jagd, worunter er wie jeder wahre und zugleich bescheidene Jäger den stillen, innigen Verkehr mit der Natur verstand, ließ ihn immer wieder zur Besinnung auf sich selbst, zur inneren Einkehr kommen, und sie erweckte erneut den Dichter in ihm, den er zuvor selbst belächelt hatte.
„Genau so ist mein erster Roman entstanden. Ich war die Großstadt leid.!“
Viele, sehr unterschiedliche Romane entstanden; sie waren aber alle mehr oder minder der Landschaft und den Menschen verpflichtet, mit denen er lebte, wo er sich zuhause fühlte, ohne je seine ursprüngliche Heimat im Osten zu vergessen. Er unterschied – wie viele nach ihm – zwischen der Heimat und dem jeweiligen Zuhause.
Im III. Reich wurde sein Name mißbraucht, in der DDR verschwiegen (Verfasser unbekannt; Volkslied), in der Bundesrepublik versuchten einige Schreiberlinge, sich an ihm ihr Mütchen zu kühlen; zumeist waren es Jene, die ohne Wurzeln oder Bindung, vor nichts Achtung haben.
Im Volk leben noch immer seine Lieder, noch werden seine Gedichte, Märchen und Bücher gelesen.
Wie lange noch?
Daß er der erste Naturschutzbeauftragte im Deutschen Reich war, wer weiß das noch, besonders unter jenen Grünlingen, denen die Ideologie, der Ökologismus wichtig ist, die, mit den Händen im Schoß, nur das Maul klappern lassen voll Feldgeschrei mit linkischen Parolen – eine Art faschistoider Chlorophyll-Mafia.
Wie hatte Löns gefordert:


“ Mit bildschönen Redensarten und herrlichen Phrasen ist uns nicht gedient.
Taten wollen wir sehen, Erfolge mit Händen fassen - -.“  

„ Die Natur ist unser Jungbrunnen;
keine Hygiene, keine Volkswohlfahrtspflege kann uns das geben,
was die Natur uns bietet. Schwächen wir sie, so schwächen wir uns,
morden wir sie, so begehen wir Selbstmord.“


Das aber war seine frühzeitige Forderung:
„Eine Macht muß der Naturschutz werden, eine solche Macht, daß die Industrie, der Handel und der Verkehr, der Ackerbau und die Forstwirtschaft mit ihr rechnen müssen. Vielfach hat man ihnen zuliebe sich in ganz unnützer Weise an der Natur versündigt, und wenn wir sie hindern, solche Sünden weiter zu begehen, so werden wir heute vielleicht Hohn und Spott ernten, die Nachwelt aber wird uns danken.“
Ganz natürlich war er Jäger! Aber –, und dieses „Aber“ machte ihn und sein Jagen aus:
„Der Heger.
Das Schießen allein macht den Jäger nicht aus; wer weiter nichts kann, bleibe besser zu Haus.
Doch wer sich ergötzet an Wild und an Wald, auch wenn es nicht blitzet und wenn es nicht knallt,
und wer noch hinauszieht zur jagdlosen Zeit, wenn Heide und Holz sind vereist und verschneit,
wenn mager die Äsung und bitter die Not und hinter dem Wilde einherschleicht der Tod;
und wer ihm dann wehret, ist Weidmann allein, der Heger, der Pfleger kann Jäger nur sein.
Wer bloß um das Schießen hinausging zur Jagd, zum Weidmanne hat er es niemals gebracht.
So war Hermann Löns: ein wahrhafter Naturschützer und Jäger.
Und wenn wir heute wohltönend über Jagdethik reden hören, dann sollten wir über seine Worte nachdenken:
“ Aber dann - - - faßt es mich wieder wie Reue, und mir ist, als hätte ich Unrecht getan. Tat ich es, um die Fasanen zu schützen, die ausgesetzt waren, um die Birkhenne vor den Fängen des Räubers zu sichern und Taube und Rebhuhn, Junghase und Kitz? Oder aus reiner Mordlust? Sie, sie morden, um zu leben, aber wir - - - ?“
Und so sang, so dachte er:

„Ein leises Lied, ein stilles Lied, ein Lied so fein und lind wie ein Wölkchen,
das über die Bläue hinzieht, wie ein Wollgrasflöckchen im Wind.“


Alt-Rehse, an der Waldkante.

Sehr geehrter Herr.

Ich wurde wieder einmal mit Literaturbetrachtungen aus der Kritiker-Götterwelt der FAZ usw. bedacht.
Da  habe ich mich auf den Hochsitz gesetzt, die hoch- und wohltönenden Sprüche gelesen und zu verarbeiten versucht, was Wunder, daß dabei allerhand krause Gedanken zu Papier kamen, haben doch Zilp-Zalp und andere Spötter mir über die Schulter gesehen und dazwischen gerufen (weil sie vielleicht den Löns noch in der Erb-Erinnerung hatten), der Kuckuck, dieser vorlaute Mensch, hat auch seinen Spott dazugetragen und aus dem nahen hohen Holz lachte der Grünspecht. Vielleicht wußte auch er manches besser als die Feuilletonisten der FAZ. So kam - teils aus innerem Groll,  teils wegen der Beihilfe der gefiederten Lönskenner -  das nachfolgende Geräusper eines wald- und feldseligen, naturverdorbenen Lönsschülers und zeitweisen Grünrocks heraus. Zünden Sie sich ruhig anschließend ein Feuerchen damit an, um einen beruhigenden Pfefferminztee darauf zu kochen.

Zu dem „Grab im Heidesand“ will ich nicht viel sagen. Soviel allenfalls: Über das Thema des toten Löns und seiner vermeintlichen Gebeine habe ich meine Meinung, unterstützt von Unterlagen unserer Familie in meinem Buch „Stille am langen Bruch“ gesagt. Mehr erübrigt sich schon deshalb, weil immer mal wieder aus unterschiedlichstem politischen Ansatz irgendwelche Leute versuchen, das Thema aus ihrem Schmollwinkel zu betrachten. Die Nationalsozialisten machten ihn keineswegs zu ihrem Helden, es sei denn, daß Goethe und Schiller dann auch  NS-Helden waren. Historiker haben ihn auch nicht zur Unperson erklärt, es sei denn, daß die von einigen eilfertigen und willfährigen bundesdeutschen  Geschichtenschreibern nachgeahmte DDR- Meinung, wo Löns etwa so behandelt wurde wie Heine im 3. Reich, zu verallgemeinern sei. Wenigstens findet Herr Janßen im „Zeit-Magazin Nr. 37“ eine unbekannte Löns-Seite im wiederentdeckten Tagebuch. Eine Seite, die ehrlich aufmerksame Lönsleser lange kannten.

Ähnlich unsicher und schwächelnd  bewegt sich Heimo Schwilk auf einem ihm sichtlich fremden Boden. Es genügt eben doch nicht, Geschichte so im Vorübergehen wie im Fast-Food zu schlucken ohne richtig zu kauen. Dann verdirbt man sich den Magen und raus kommt schlecht riechendes Erbrochenes. Ein Beispiel gleich am Anfang:“ Löns Heldentod hatte etwas von der theatralischen Inszenierung, mit der die Nationalsozialisten später die deutsche Geschichte und
 
 

ihre eigene Politik in eine zweitklassige Operette mit kitschigen Beleuchtungseffekten umzuwandeln suchten.“
Mein Gott, muß der Mensch historisch ideologisiertes Bauchgrimmen haben. Ob da noch ein Abführmittel hilft?

Zum „Urmensch sein in Urnatur“: „Verkrachter Dichter in einer verkrachten Nation“: der sich das mühsam abgequält hat, kommt mir vor wie jene Schmierfinken, die immer wieder mal an Häuserwände krakeln:“ Laßt uns mit diesen Doitschen nicht allein“;
ja dann sollen sie doch  nach Timbuktu oder Nordkorea, aber selbst dort und bei Fidel Castro würde man sie ja nicht haben wollen. Man will sie, immer wieder mal, als Feigenblatt oder Alibi für besondere „alpha-Deutsche“, in der
FAZ.
„Wer schreibend schafft, kompensiert anderes Scheitern“.
Wieviele eigentlich noch ? Aber selbstkritisch meint das dieser Schreiberling natürlich nicht!
Die „Wildheit der Natur“ beim Dietrich kommt wohl aus seiner verkrampften Bildhaftigkeit expressionistisch-futuristischer Vorstellungswelt.
Jede Zeit habe „den Löns anders für sich in Anspruch  genommen“. Ja, wie denn? Konnte er sich etwa wehren? Können wir uns gegen Dietrich wehren?

Und wie war das mit anderen großen Deutschen? In meinem Faust-Exemplar sind noch der Reichsadler mit Hakenkreuz und ein markiges Vorwort über den „deutschesten aller deutschen Dichter“ und so machte man es auch mit ihm in der DDR, da war er der „Vorkämpfer des Sozialismus“. Wie hatte der Goethe gesagt:“ Du gleichst dem Geist, den Du begreifst, nicht mir.“ „Der arme Kerl wurde mit sich und seiner Welt nicht fertig“. Na, da steht er ja in der Weltliteratur in erster Reihe mit den ganz großen, von den Dietrichs und ihresgleichen nie bekrittelten Olympiern. Thomas Dupke sei dem „Mythos Löns auf den biographischen Grund“ gegangen.
Ach, herrjeh. Wie bei so vielen Großen sieht es auch da durchaus ein bißchen dunkel-geheimnisvoll aus. Und schon findet sich  der Dietrich  nicht mehr zurecht und es graust ihn mit Dupke angesichts solcher vermeintlicher Verworfenheit. Ich sehe die beiden förmlich  vor mir in ihrem Plüschsessel, mit den Filzpantoffeln, wie sie gruselig schaudern und sich behaglich  am elektrischen Kamin räkeln
:“ Na, Gottseidank, wir sind nicht so.“ Der arme Kerl hatte ja eine „unausgelebte Kindheit“.
Mein Gott, wenn man vor lauter Schmiererei nicht mal dazu kommt, die Eintragungen seiner Lehrer in Deutsch Krone zu lesen, dann kommt dergleichen Schwachsinn raus. Er „war von solch gesundheitlicher Gebrechlichkeit“, daß er Tag und Nacht in Wald und Feld rumströpte, seine Schule vergaß und dabei noch als 16-Jähriger „dichterisch dilettierender Pechvogel“ so ganz nebenbei eine der bemerkenswertesten, von anerkannten Fachleuten bestaunten umfassendsten Arbeiten über die Vogelwelt des zweitgrößten preußischen Landkreises verfaßte. Und nebenher begann dieser dilettierende Pechvogel damit, Volkslieder zu dichten.
„Die urgermanischen Heidebauern“ haben es ihm angetan.
Mein Gott, wie schlecht haben Dietrich - alias Dupke den Löns überflogen. Und dafür bekommt man noch Geld?
Mit dem „Wehrwolf“ haben es die „Umgotteswillenbloßkeindeutscher“ -Verkrachten besonders schlimm. Noch immer verwechseln sie „Werwolf“ und „Wehrwolf“ und würden Löns - wie die Post -und Neostalinisten seinerzeit denunzierte Kinder als vermeintliche Werwölfe - am liebsten ins GULAG stecken. Warum erinnert mich die Art so fatal an die Karikaturen im 2. Weltkrieg, wo jede Seite krampfhaft und unter Einsatz schlimmster Verdrehungen und Lügen den anderen, den Gegner zum Unhold herabzuwürdigen suchte? Wer ist hier der Feind der Dietrich und Dupke? Vielleicht das eigene Volk?
Wie hatte Storm gedichtet
:
“ Es gibt eine Sorte im deutschen Volk, die wollen zum Volk nicht gehören. Sie sind auch nur die Tropfen Gift, die uns im Blute gären. Und weil der noch lebenskräftige Leib sie auszuscheiden trachtet, so hassen sie nach Vermögen ihn und hätten ihn gern verachtet. Und was für Zeichen am Himmel sind, Licht oder Wetterwolke, sie gehen mit dem Pöbel zwar, doch niemals mit dem Volke.“

(Übrigens sind sie nicht ganz allein, wie der Klamauk um den Holztrog im Reichstag zeigte).

„Er versagt“,
doch die „Helden seiner Romane, die durchweg Löns’sche Züge tragen, feiern Triumphe“. Na, wie denn ?
Erst begeistert kompensierend der „persönlich Gescheiterte“ unaufhörlich ein Millionen-Publikum nicht nur in Deutschland,  doch das sind natürlich alles nur „Vaterlandsbeglücker“, „Naturfreunde“, „Grüne“, „Jugend“ und „Tierbeobachter“, dann versagt er.
Der Dupke-Nachbeter Dietrich weidet sich genüßlich in den Traumen des immerhin für ein Buch  tauglichen Objekts.

 
 

O, ihr Dostojewskis, Kafkas, Falladas, Jüngers und wie ihr alle schon mehrfach  beschmiert und doch weiterlebend trotz eurer menschlichen Schwächen und Irrungen heißt, ihr seid „an den Irritationen der Moderne“ gescheitert. Wahrlich kein Wunder, denn wer an „Der Moderne“ nicht gescheitert ist und zurück zur Natur gefunden hat, muß sich  fragen lassen, ob er nicht vielleicht doch gescheitert ist. Dietrich und Dupke werden es ihm beweisen. Dupke sah „das Feld an und für sich hinreichend beackert“ und hat, wie gegenwärtig so mancher neben ihm, keinen anderen Weg für den eigenen verzweifelt zweifelhaften Ruhm gesehen, als dieses hinreichend bestellte Feld noch mal umzubrechen. Was dabei dann herauskommt, ist hinlänglich bekannt. Überall dort, wo diese „Newcomer-Neubauern“ sich profilieren wollen, kotze es, was es wolle, (Mediziner, Biologen, Schriftgelehrte und Pharisäer), müssen wir mit dem Ergebnis leiden.

 
 

Dupke kühlt das (sein) Mütchen mit dem Versailler Diktat. Die Folgen sind ihm, wie den Verursachern, egal.

 
 

„Im entnazifizierten Deutschland war  der von den Nazis adoptierte Löns recyclingfähig“. Na, siehste, in der „besseren DDR“ wurde er weder genannt, noch kaum gedruckt, noch im Literatur-Almanach  gekannt, - nur: auch die Funktionäre sangen manchmal in Bierseligkeit in ihren abgesonderten Staatsjagdrevieren, wenn sie den dicken Hirsch  endlich  liegen hatten, oder falls sie sich leutselig unter die Jugend mischten, aus den Liederbüchern, wo „Verfasser unbekannt“ stand. Und als ein Verlag mal aus Versehen „Kraut und Lot“ herausgab, da war das zwar sofort vergriffen, wurde aber nie wieder aufgelegt. Es war den Herrenjägern auch im sozialistischen Jagdkostüm zu direkt.

 
 

Der „Schnauzbart im Jägerkostüm wurde zum Inbegriff konservativer Naturverbundenheit“. Ja, die „Grünen“ hätten ihn längst als ihre Gallionsfigur mit beträchtlicher Volksverbundenheit gekürt, wenn sie nicht so rot wären. Doch da diese zumeist „grünen Maulhelden“ zu Taten in der Natur kaum fähig waren und sind, sondern zumeist nur lauthals zum Geschrei in, oft pennälerhaftem Halbwissen befangen, lieber Fleischerläden ansengen oder Silberlinden beseitigen wollen, ist der, der zuerst den ganzheitlichen Naturschutzgedanken vortrug und auch  ohne Ideologie wußte, wovon er sprach, dieser „Chlorophyll-Mafia“ suspekt. Diese von ihm schon zeitig geforderte ganzheitliche Naturbetrachtung, die er darstellte, steht diesen „grünen Gurus“ im Wege - und da Dupke seinen Auslassungen nach davon auch keinen blassen Schimmer hat, begibt er sich wie der bekannte Esel aufs Eis und in die heute so beliebten Gefilde der Politpsychologisterei, der pseudolinken Nabelschau, aber natürlich bitte bei anderen.

 
 

Die „exzellente“ Wustelei erscheint wie der Versuch, das komplizierte Räderwerk einer schönen alten, zugegeben ein bißchen hier und da angekratzten Uhr mit ideologischem Hammer und Meißel zu reparieren. Fehlt nur noch die Sichel dazu. Es sollte mich dennoch  - oder gerade deshalb - nicht wundern, wenn irgend so ein Kultusminister aus dem grün-roten „Spannungsfeld“ auf den Gedanken käme, das Meisterwerk der Verdummung als Pflichtschulbuch  zu bestimmen.

 
  In Niedersachsen zuerst, bitte. Dann hätten Dupke und Dietrich ihr Ziel erreicht: sie würden, wenigstens pflichtgemäß, gelesen und könnten sich auf dem Erlös ausruhen.  
 

Uff, nun ist mir erheblich leichter. Ich hatte ganz vergessen, daß ich schon Anfang Mai auf dem Hochsitz das Traktat in Kladde hingeschrieben hatte. Doch wie gesagt: für eine gute Suppe reicht’s nicht, vielleicht aber für einen Gesundheitstee gegen Blähungen.

Dr. Wolfgang Köpp

 
 
 
 

Und wieder bei Löns in der Heide.

Erneut hatte es die Jägerin an meiner Seite und mich nach Niedersachsen in die Lüneburger Heide gezogen. Wir wollten aus mehrfachem Grunde zu Hermann Löns. Nicht die Jagdfreunde aus der Wümme-Niederung hatten uns gerufen, sondern neue Freunde aus dem Hermann-Löns-Kreis wollten über den verstorbenen Wildtiermaler Manfred Schatz etwas hören und sehen. Natürlich zog es uns beide auch zu dem neuen Löns-Standbild in Walsrode. Zuviel Widersprüchliches war darüber zu hören gewesen. Widersprüchliches zu Löns - warum nicht, sagten wir uns, war doch sein Leben reich an Widersprüchen gewesen. Doch wir wollten es selbst in Augenschein nehmen und versuchen es sicher anzusprechen.
Wie zu lesen war, hatten sogar Hoheiten es sich nicht nehmen lassen, neben der örtlichen Prominenz das Bildwerk einzuweihen.

 
 

Hoheiten und Löns - wie paßte das zueinander?
Die Fahrt war diesmal so ganz anders als damals - unmittelbar nach der Wende. Da hatten wir Niedersächsische Weidmänner, Bauernjäger, neue Freunde von echtem Schrot und Korn kennen- und schätzengelernt; brave, aufrechte, gestandene Jäger - wie den viel zu früh zu Diana gewechselten Wirt vom Eichenhof, wie Jürgen, dem zwar kein Jagdtag als Helfer zu lang, keine Arbeit im Revier zu schwer war, den wir aber erst lange beschnaken und dann zur Jagdeignungsprüfung schieben mußten, ehe er zum geliebten Jagdhorn noch die Waffe annahm. Oder Jens, den Berufsjäger mit seiner großen unaufdringlichen Kenntnis und jahrzehntelangen Erfahrung, dem mittlerweile seine Kanada-Erlebnisse mitunter lieber waren, als Böcke anzubinden.
Sie alle hatten bewirkt, daß wir gern in die Wümme-Landschaft fuhren, uns aber ebenso freuten, wenn wir sie bei uns als Jagdgäste begrüßen konnten. Da war die Verlockung immer größer geworden, erneut zum Wilseder Berg zu fahren, oder dem Tietlinger Hain einen Besuch abzustatten.
Bis zur Vertreibung aus der Hinterpommerschen Heimat, wo ich die Hermann-Löns-Schule in Deutsch Krone besucht hatte und - statt fleißig zu lernen - viel lieber wie er und auf seinen Spuren in den Wäldern, bei den Seen und Torfkauhlen und in der Strauchheide, in Ried und Rohr ströpen gegangen war, wenn ich nicht Pilze und Blaubeeren sammeln oder Kühe hüten mußte. Da war der Löns mit seinen Geschichten und Gedichten von früh auf bekannt und lieb geworden.
Stolz hatten wir unseren Namen mit der Löns-Rune, dem uralten Hofzeichen versehen. Jeder sollte es sehen, wo wir herkamen.

 
  Düstere Machandel im Föhrenhorst - uns schreckten sie nicht. Weißstämmig leuchtende, schemenhafte Birken - sie ließen uns nachts nicht zaudern. Angst im dunklen Wald oder zwischen hohem Farnkraut mit den überall lauernden Kreuzottern? Wir kannten keine Furcht.
Und der ersten kleinen Freundin brachten wir, zaghaft zwar aber selbstverständlich ein Sträußchen Heidekraut mit, wenn wir von unseren oft langen Ströpgängen ins heimatliche Dorf zurückkehrten. Und wir wunderten uns nicht und staunten kaum über die Vielfalt all dessen, was da kreuchte und fleugte, war uns doch früh bekannt, daß unser bewundertes Vorbild schon als Schüler eine selbst bei Fachleuten Aufsehen erregende Schrift über die Vogelwelt unseres Heimatkreises verfaßt hatte.
Nun sollten wir den Stein und das Denkmal im Tietlinger Hain wiedersehen und wollten außerdem das neue Standbild in Walsrode erleben.
Schon die Namen lockten, verbanden sie doch Gehörtes, Erlesenes, Gedachtes mit Bekanntem und Erhofftem. Wieder hatte ein milder Herbst das Land in seine Arme genommen, bunt einzufärben begonnen, und ein wohlmeinender Altweibersommer brachte mit milder, leicht verschleierter Sonne, den unzähligen Spinnenfäden in der golden-diesigen Luft und den weithin lockenden Früchten in Büschen und Bäumen letzte freundliche Gaben.
Die Heide war zeitig abgeblüht. Glutbrütende Hitze hatte über Wochen die Natur rasch altern lassen.
Natürlich führte unser erster Gang zum Findling mit der Wolfsangel und danach zum Hohen Gedenkstein.
„Es gibt nichts Totes auf der Welt“, mahnten dort die Löns-Worte.
„Hat alles sein Verstand“, regten sie zum Nachsinnen an, auch wenn uns noch immer nicht alles erklärbar ist.
„Laß Deine Augen offen sein“, gebot sein Gedicht dem Wanderer, dem Jäger, dem Naturfreund.
„Geschlossen Deinen Mund“, denn Lärm taugt nichts in der noch immer wunderbaren Natur und Schöpfung. „Dann“, nur dann „werden Dir geheime Dinge kund“. Die Worte erinnerten an den Jäger Löns, der einmal gesagt hatte, daß einer allein im Wald schon zuviel sei.
Aber er hatte das nicht in der dümmlich-masochistischen Brabbelweise mancher scheingrüner Heilsbringer gesehen, die noch immer rotgrün ideologiebelastet höhnen, daß die Natur den Menschen nicht brauche.
Da war Hermann Löns ganz anderer Ansicht gewesen, obwohl gerade er als einer der Ersten und am deutlichsten darauf hingewiesen hatte, daß wir sorgsamer mit dem uns anvertrauten Gut umgehen müssen, es schützen, bewahren, hüten - auch für die nach uns Kommenden. Streitbar war er, unbeugsam, aufrecht aber unbequem gerade im Denken und Handeln, trotz aller inneren Zerrissenheit.
Und nun standen wir in der Hermann-Löns-Straße vor dem neuen Standbild des Dichters.
Daß man es fertiggebracht hat, inmitten seiner Heidelandschaft, im vielbesuchten Walsrode ein Denkmal  für ihn, für uns alle aufzustellen, das, meine lieben Weidkameraden, ihr lieben Löns-Freunde, ist aller Ehren wert.
Schlecht gewählt ist der Platz am Rande des Städtchens, dort wo man schon den Weg hinaus in die Natur ahnt, abseits des Rummels und Getümmels, das er ohnehin nicht geliebt hat, gewiß nicht.
Von einer großen Eiche geschirmt, ist der Standort, von den Verantwortlichen des Löns-Vereins und der Stadt ausgesucht, mit Gewißheit in seinem Sinne. Und dennoch braucht man keinen weiten Weg zu gehen, um zum Dichter der Heide, zum Schöpfer der im Volksmund bekannten Gedichte und Lieder, der Tiermärchen zu gelangen.
  Leider habe ich trotz aller aufmerksamen und gründlichen Suche keinen Zugang zu der Darstellung, zur künstlerischen Umsetzung seines Wesens und Wirkens gefunden. Ich konnte ihn nicht ansprechen!
Hatte die Künstlerin, hatte der beratende und vielleicht sogar mitentscheidende Vorstand den Hermann Löns etwa so mißverstanden?
Was sich unseren suchenden, hoffenden Augen bot, war eine eher zögernd vorantastende, fast stolpernd wirkende, leicht gedrungene Gestalt in untypischer Joppe. Ein ziemlich volles Gesicht blickte beinahe ausdruckslos; die Füße schienen leicht nachzuschleppen, so, als wüßten sie nicht, was er wollte und sie sollten - und zu allem Überfluß war an seiner Seite, doch ohne rechten Bezug zum Jäger, als vermeintlicher vierläufiger Jagdbegleiter eine Art Schlummerrolle dargestellt, deren Ausdruck alles andere als aufmerksame Jagdpassion zeigte. Da tat man dem Hunde unrecht!
Beeindruckend, aber das Gesamtbild störend - wenn auch die Haltung möglicherweise erklärend - erschien allenfalls zu Füßen des Dargestellten eine beeindruckend Große Inschrift, in der sich die Hauptsponsoren für die Nachwelt ein Denkmal gesetzt haben. Die Bildhauerin war selbstbescheiden als Letzte genannt.

 

Und nun wurde mir auch klar, warum dieser Löns solch ungewöhnlich nachschleppende Haltung einnahm. Er wollte offensichtlich den Edlen Spendern zu seinen Füßen nicht zu nahe treten. Doch wäre das so schlimm gewesen? Er hätte es tun sollen! Sie hatten ihn tatsächlich nicht begriffen.
Was hier am Eck stand, das war nicht „Der Hermann Löns“, wie wir ihn aus seinen Streitschriften und Büchern, den Gedichten, Geschichten und Liedern erkannt  hatten. Da half auch nicht die Kladde in der Rechten, nicht die Waffe über der Schulter.
Enttäuscht haben wir beide uns abgewendet.
War es die Fahrt wert gewesen?
Oh doch! Am Abend, in der geselligen Runde unserer Freunde des Löns-Kreises fanden wir einen versöhnlichen, hoffnungsvollen Abschluß.
Bevor es noch zum Vortrag über Manfred Schatz, den großen pommerschen und zugleich weltberühmten Wildtiermaler und Lönsverehrer kam, stand plötzlich auf dem festlich gedeckten Tisch in der Löns-Stube des zauberhaften Forellenhofes eine doppelt handhohe Löns-Statue. Nicht sehr groß, brachte sie in Haltung, Form und Ausdruck etwas derart herüber, daß schon hier erkennbar war: ja, so mußte er gewesen sein, aufrecht mit kühnem, eroberndem Blick, nicht zaudernd, sondern gewiß voran, streitbar, die Waffe auf der Schulter in fester Hand - und ihm zur Seite, das Vorwärtsdrängen, Suchen, Finden- und Erobernwollen noch lebhaft unterstreichend, ein kleiner aufmerksamer wie gespannter jagdwilder Teckel.
Davon konnte man nur schwer den Blick lösen.

 

Das hätte es sein müssen!

Wie wäre es, so dachte ich bei mir - und es beschäftigte mich den langen Heimweg nach Mecklenburg - wenn davon für die noch immer vielen Löns-Freunde und Verehrer kleinere Handbronzen angefertigt, ihnen eine Gelegenheit gegeben würde, sich ihren Löns in das Jagdzimmer, die Studierstube zu stellen als ein kleines treffendes sichtbares Zeichen unserer Achtung und Verehrung.
Das könnte ein wahres Gegenstück zum Standbild, vor allem aber zum randalierten Stein sein, der in Hinterpommern, immer mehr zuwachsend und wie verloren nahe der Stadt Deutsch Krone steht, wo er seine prägenden Eindrücke empfangen hatte.
In einem aber bin ich unbeirrt weiter in ganz besonderem Maße dem Löns verbunden, wenn ich an meinen, auf ihn passenden Wahlspruch denke:“ Muß immer noch den schönen Frau’n in die Verführeraugen schau’n; kann immer noch kein volles Glas und noch kein leeres sehn“.

Weidmannsheil.

Dr. Wolfgang Köpp

Am Park 2

D- 17217 Penzlin / OT Alt-Rehse


   
 

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