Natur & Landschaft

Naturerlebnis Tollense

Flurnamen

geheimnisvolle Lieps

 

 

Naturerlebnis Tollense-See - Lieps-Gebiet

Tollense-See und Lieps zählen mit ihren reizvollen, eiszeitlich gestalteten Ufern gemeinsam zu dem Schönsten, was wir in Mecklenburg-Vorpommern, wenn nicht sogar darüber hinaus haben.
Eingerahmt von den End– und Stauchmoränen der letzten Phase der Weichselkaltzeit, umsäumt von großen, oft zusammenhängenden Eichen- und Buchenwäldern, hat sich in diesem Raum, nicht zuletzt durch die zentrale Lage des bedeutenden Naturschutzgebietes Nonnenhof mit seinen undurchdringlichen Erlenbruch- und Weidendickichten eine überaus reichhaltige, vielfältige Flora und Fauna erhalten.
Reste von Auwäldern, Bruchgebiete mit alten Torfstichen, bebuschte einstige Wiesen und Weiden bergen Waldfrauenfarn und Schmiele, Knabenkraut und Wollgras. An den Hängen der Buchenwälder und unter den Eichen blühen im Frühjahr die „Öschen“, weiße und gelbe Buschwindröschen in Teppichen, darin eingesprengt die „Blag-Öschen“, Leberblümchen mit ihrem unverwechselbaren Blau. Waldlungkraut, Veilchen, Salomonssiegel, Frühlingslerchensporn und Platterbse, Sumpfdotterblumen und zahlreiche andere Schönheiten zieren den Waldboden.
Die Wegränder säumen Knoblauchsrauke und Wegwarte, Rainfarn, Ochsenzunge und Wucherblumen, und an sandigen Stellen leuchten unaufdringlich die Grasnelken und geben im Verein mit den Immortellen und den zauberhaften Blüten des Natternkopfes einmal mehr die mecklenburger Nationalfarben. Die strahlen im Frühjahr auf weiten Flächen aus der umgebenden Landschaft, wenn weite Rapsfelder von Klatschmohn und Kornblumen durchsetzt, den Einheimischen wie den staunenden Touristen ein wahres mecklenburger Farbwunder präsentieren. Seeadler und Schwarzstorch kommen noch vor, Eisvogel und Wasseramsel sind zu bestaunen, hin und wieder ertönt in schilfreichen Buchten der immer seltenere dumpfe Ruf des „Ossenreihers“, wie man hierzulande die große Rohrdommel nennt, und wer Glück und Geduld hat, kann vielleicht die Sumpfohreule gaukelnd fliegen sehen. Noch immer sind zahlreiche Fledermausarten zu beobachten und sollten zukünftig in einem alten Bunkergelände am Seerand Winterquartiere bekommen. Fischotter jagen vereinzelt und sind in ihrem Vorkommen ebenso wie die Eisvögel vom sinnwidrigen Schutz riesiger Kormoranschwärme bedroht, die zugleich die letzten Inseln in der Lieps zerstören, Inseln, die für die Erforschung der Geschichte dieser Landschaft von unersetzlichem Wert sind. 190 Vogelarten wurden hier bisher nachgewiesen, darunter 117 Brutvogelarten. Rot-und Schwarzmilan, Fischadler, Habicht, Sperber, Wespenbussard, Baum- und Turmfalke, alle Spechtarten und immer wieder zahlreiche Wintergäste wie den Rauhfußbussard und den Merlin kann man erleben. Zur Zugzeit rasten auf den Seen und den umliegenden Ackerflächen bis zu 10 000 Saat- und Bleßgänse.
Kraniche und Graugänse brüten im weiten Bogen dieser langen Senke und auf den Bruchinseln und Söllen rundherum. In den Bächen schwimmen noch Bachneunauge und Bachforelle und haben wieder mehr Überlebenschancen, seit die großen Tierproduktionsanlagen stillgelegt wurden.
Schwarzwild kommt in zu reichlicher Zahl überall vor, das zierliche Rehwild belebt die Felder, Damwild zieht, aber auch Fuchs und Dachs, Iltis und Steinmarder, Hermelin und Mauswiesel, wie auch der seltene Baummarder sind hier zuhause. Leider haben sich sehr zum Schaden der Bodenbrüter und der Rebhühner, Fasanen und Hasen auch der Mink und der Waschbär breit gemacht, und in letzter Zeit erobert der Marderhund die wasserreiche Landschaft. Vielleicht ist dadurch der deutliche Rückgang der kleineren Wasserrandbrüter wie z.B. der bisher zahlreichen Entenarten zu erklären, die früher in großen Scharen Sommers wie Winters die Seen und Teiche, Torflöcher und Sölle bevölkerten.
Ganz sicher trägt aber auch zu deren Rückgang das Überhandnehmen der halbzahmen, wohlstandsverwahrlosten Höckerschwanpopulation ebenso bei, wie die zunehmenden Bestände an Kolkraben, Nebelkrähen und Elstern. Hier wirkt sinnwidriger Schutz gegen sich selbst.
Parks wie in Hohenzieritz und Alt-Rehse geben ein Bild vom Bemühen damaliger Landesherren und Gutsbesitzer, ihre Schlösser statt mit der üblichen Waldweide nun mit Koppeln und gestalteter Landschaft zu schmücken. Die umliegenden Dörfer haben, besonders in jüngster Zeit, viel für den Landschafts- und Artenschutz getan, noch mehr ist im Werden. Die Menschen rund um die beiden Seen sind sich zum größten Teil des Wertes und der Bedeutung der Landschaft und Natur, in der sie zuhause sind, bewußt.
Sie wollen mit diesem sensiblen Gut leben. Dabei ist es ebenso unabdingbar, daß eine behutsame touristische Nutzung und Entwicklung in diesem Raum stattfindet – damit den hier Lebenden jenseits scheingrüner Käseglockenmentalität und Reservatsgelüsten einzelner „Möchtegerne mit staatlichem Vorwand“ ein den Umständen angemessenes Dasein gesichert werden kann – wie es selbstverständlich sein muß, daß im wechselseitigen Einvernehmen Veränderungen und Entwicklungen rücksichtsvoll aber zweckmäßig gestaltet werden. Wer noch immer dem stupiden Satz huldigt: „ Der Mensch ist eine Fehlleistung der Natur, die ihn nicht braucht“, der stellt sich arrogant und rücksichtslos, zutiefst inhuman und vor allem masochistisch gegen die hier Lebenden und deren Recht auf ein erfülltes Dasein.
Erfüllung und Lebensqualität bringen auch keine Bettenburgen, keine überdimensionierten Golf- und Spaßanlagen in die noch immer einmalige Landschaft. Die Dörfer haben keine Chance und kein Interesse, Arbeitsplätze etwa durch Industriestandorte oder umweltzerstörende Tiergroßanlagen zu bekommen. Ein vorsichtiger, sinnvoller, den Gegebenheiten angepaßter Tourismus auf der Grundlage kleiner Hotels und Ferienwohnungen, der gemeinsam mit der Stadt Neubrandenburg und deren touristischem Gewerbe, den Städten und Dörfern der Umgebung im Wechselspiel von Wandern und planmäßigen verschiedenartigsten Dampferfahrten, Reiten und Radfahren sowohl organisierte wie individuelle vielfältige Möglichkeiten zum Erleben, Erwandern, Erfahren und Bewundern bietet, wird für die Gemeinschaft der Kommunen im Tollense-See-Becken die Zukunft sein können.

 
 
Geheimnisvolle Lieps

Einmal hatte der alte Reusenfischer Blanck aus Neubrandenburg an Johanni so um die Mittagszeit in der Lieps gefischt. Da hörte er plötzlich Glocken läuten. Aber als das Läuten begann, da saß er mit seinem Kahn fest. Und plötzlich war das Wasser weg - und er hat alles übersehen können, überall hin, bis auf den Grund.
Da waren die Insel Häuser, aber das Kietzwerder vor Prillwitz war die Kirche, und die Leute haben gesungen und Gottesdienst gehalten. Beim Hanfwerder stand das Rathaus und die anderen Gebäude und am Binsenwerder lagen die Scheunen.
Plötzlich rief eine Stimme, diesmal soll er noch davonkommen, doch soll er nie wieder Johanni um Mittag hier fischen.

Das Glockenläuten, so erzählen die Alten, würden sonst aber zur Mittagszeit nur reine unschuldige Mädchen hören.
Wenn über dem Bacherswall die Sonne aufsteigt und die Nebel im See versinken, wenn Tausende Gänse, eben noch leise wispelnd, plötzlich verstummen - bevor sie sich mit lauten Rufen zu den Äsungsplätzen aufschwingen - wenn der Seeadler weitklafternd heransegelt, um auf seiner Sitzwarte am Kietzwerder aufzublocken, dann kommt der Morgen in die Lieps und verdrängt die geheimnisvollen Stimmen und Lichter der Nacht. Noch immer weben zwischen den Ufern und Inseln die Sagen und Legenden dieses zu jederzeit zauberhaften Sees.
Wer aber hier eine stille Mondnacht erleben will, wer zwischen Traum und Tag hier verhoffte, der ahnt etwas vom Ursprung der "Schön-Reda-Sagen", die nur auf diesem geschichtsträchtigen Boden in solcher Fülle vorhanden, besonders bei den Alten und Märchenfrauen noch im Gespräche sind. Dann scheinen Lichter und Stimmen von den Hügelgräbern bei Wustrow und aus Heidensruh herüberzukommen.
Doch nur dem öffnet sich der düster-geheimsnisvolle Zauber dieser legendestarken Landschaft, der bereit ist, still hinzuhören und andächtig zu schauen.
Bronzezeitliche, germanische und slawische Kultstätten und Siedlungen ruhen im Schutz der Wälder und Seen des langgestreckten Tollense-Beckens in großer Zahl, doch nirgends sonst in so gedrängter Häufung wie zwischen zwischen Alt-Rehse und der Wustrower Fischerinsel einerseits und Prillwitz wie Usadel an der Lieps auf der anderen Seite.
Hiier starb 1066 Bischof Johannes von Mecklenburg den Opfertod im Heiligtum des Slawengottes "Swarosic", von hier führte 1067 Bischof Burchard von Halberstadt das weiße Roß des Gottes, ohnde das furchterregende Riedigost zerstören zu können. Hier einigten die Priester die Slawenstämme im Lutizenbund immer aufs neue, um die Angriffe der deutschen Kaiser und Fürsten abzuwehren, bis Herzog Lothar 1124/25 endgültig die heidnisache Macht brach und dem Christentum den Weg bahnte.
Dann kam das Wasser, überflutete in drei großen Wellen die flache Senke und die großen Inseln, und sie begruben Geschichte und Geschichten und ließen Legenden und Streit wachsen. Legenden um den Prillwitzer Burgberg, der wohl auf einem slawischen Burgwall angelegt, doch "nur" eine frühdeutsche Befestigung aus dem Ende des 13. Jahrhunderts ist, aber Streit, jahrzehntelangen Streit um die "Prillwitzer Idole", jene dem Zeitgeist erwünschten, täuschend nachempfundenen Fälschungen slawischer Götzen.
Nun ruht die Geschichte auf dem Grund der Seen.
Doch raunen die Well und ruschelt das Schilf noch immer von längst vergangener, sagenhafter Zeit.

 
 
Die Flurnamen in Alt-Rehse und Wustrow

Flurnamen sind in der Landschaft ein unverzichtbarer Bestandteil der Geschichte, Tradition und Kultur. Sie lassen in den meisten Fällen im Vergleich jüngerer zu älteren Flurkarten noch die Bezüge zu den heutigen Verhältnissen erkennen. Bei anderen Namen ahnen wir etwas von der ursprünglichen Bedeutung oder erkenn sogar die früheren Eigentümer oder Verwendungen.
Sie zu bewahren ist eine Verpflichtung gegenüber unserer Geschichte und hilft späteren Generationen bei ihrem Bemühen um territoriale Identität. Sie sind ein Stück Heimat.
Man kann die Flurnamen etwa nach folgenden Gesichtspunkten unterteilen, obwohl eine genaue Abgrenzung besonders dann nicht immer möglich und der einstige Zweck nur noch schwer erkennbar wird, wenn durch "Flurbereinigung" oder sogenannte "meliorative" Maßnahmen der ursprüngliche Sinngehalt verloren gegangen ist (Ziegelkamp in Wustrow).
Am häufigsten sind diejenigen namen die auf besondere Pflanzen- oder Tiergesellschaften oder Geländeformen hinweisen, wie: Blanke und Rauhe Fliederkuhle. Flieder war vor noch nicht allzulanger Zeit der Name für den weißen Holunder (Fliedertee).
Pferdekopf, Duwock-Soll, dahinter verbirgt sich die plattdeutsche Bezeichnung für Schachtelhalm - also eine stark überwucherte, nasse Senke, ein früheres Soll, Elch-Wiese, Pöppel-Soll; damit ist die Pappel gemeint, sowie Uhlen-Wisch; das plattdeutsche Wort für die Eulen-Wiese könnte der Hinweis für einen Brutplatz der Sumpfohreulen gewesen sein, die früher in dieser Gegend häufiger vorkamen, Kiebitz-Moor, Möwen-Brook (plattdeutsch = Bruch), aber auch Schwanenhals, für ein Soll am Malliner Damm nahe Alt-Rehse, das seiner Form nach benannt wurde, Lange Wiese, Steiner-Kamp, Oll-Torf-Kuhl, Birkmoor, Der Buchenberg, Lange Bornwiese, Mühlenwiese und Mühlenbruch, Staubruch, Bült Brook, Radewiese, Rieselwiese. Schwer zu deuten ist Beis Wisch.
Anders ist es schon beim Bären-Winkel an der Grenze zu Neu-Rhäse. Denn bei genauer Nachforschung entpuppt er sich als "Behrends Winkel" und gehört somit in die Gruppe, in der die Namen der Eigner eine besondere Rolle spielen, wie zum Beispiel alle Pastoren- und Küsterbezeichnungen, die auf ehemalige Pfarr- oder Küsterländereien hinweisen.
Dazu zählen auch die Kädings-Kuhl (Kettings Kuhle), Hillmanns-Wisch (Wiese), kleines und großes Pastorenbruch, oder die sogenannte "Liebesinsel", eine Halbinsel östlich von Alt-Rehse namens Mallmann-Eck, ebenso die Pastorenwiese.
Auf Gewerke oder Gewerbe deuten die Namen wie: Kalk-Soll, Torf-Soll, Mühlen-Brook, Rode-Wiese, Stau-Bruch, Ossen-Wisch (Ochsen Wiese), Fischer-Insel, oder Ziegelkamp.
Dazu kann man auch das Kapellenfeld zählen, das den Standort einer alten Kapelle verrät, wo man aber vergeblich nach Mauern oder Steinen suchen wird, hat doch ein Gutsbesitzer die Flächen wieder nutzbar machen lassen.
Doch gibt es auch solche Namen, die uns ihre Herkunft erst nach längerem Nachforschen enthüllen, wie "Wendenkönig", für das schöne bronzezeitliche, weit ins Land ragende Hügelgrab bei Wustrow, das mit den Wenden nichts zu tun hat, Batterien-Berg, wo französche Artillerie 1806 Aufstellung genommen hatte, stammt der Ausdruck noch von dem plattdeutschen Schlie-Soll, also Schlei-Soll, bezeichnet nach einem hiesigen, gern gegessenen Fisch und meint eine Koppel, in der einst ein Soll, also ein aus der Eiszeit stammendes Wasserloch war.
Dann finden wir noch die geheimnisvolle "Heidens-Ruh" (am Rande der Lieps hinter Wustrow), Düster-Brook (das düstere, dunkle Bruch), Teufels-Soll und Schwarzes Loch. Die letzteren waren und sind mit dem eigenartigen, schwer erklärbaren Anstieg ihres Wasserspiegels nach Meinung der alten Bewohner von Wustrow im Zusammenhang mit der Lieps. In jüngeren Zeiten tauchen wieder häufiger Namen auf, die im Zusammenhang mit der Rethra-Forschung stehen, wie das genannte Heidensruh, Bachers-Wall, Ruhr-Barg (der Rohrberg) auf der Spitze der Fischer-Insel.
Eine Besonderheit stellen die über 150 Namen der Fischerzüge an Tollense-See und Lieps dar. Sie bezeichnen auf den Seen, wo die Fische mit Netzen gezogen oder Reusen gestellt wurden. Diese Namen sind gute Hinweise auf verschiedene Herkünfte und zeigen, welche Bedeutung der Fischfang in diesen Seen seit alters her hat. So schreibt immerhin ein Chronist des Mittelalters, daß die Seen so voller Fische gewesen seien, das eine ins Wasser gestellte Stange nicht umfiel. Wenn das auch die bekannte Übertreibungssucht jener Zeit dokumentiert, so deuten doch Funde von Angelhaken bis 45 mm Größe und Wirbel von Hechten, die auf mindestens 30 Pfünder hinweisen, den damaligen Fischreichtum an. Den älteren Einwohnern und ein paar Fischern sind viele Namen der Fischzüge noch geläufig. Heute ist von diesem Fischreichtum nicht mehr viel übrig. Raubbau mit Hilfe der Elektro-Fischerei in den 70-er und 80-er Jahren sowie das Übervölkern der Seen mit Kormoranen haben die Bestände arg dezimiert.

 
     
 

zurück zur Übersicht